Quo vadis Düsseldorfer Tabelle?

Mittlerweile können teilweise selbst Polizeikommissare den Kindesunterhalt nicht mehr in voller Höhe zahlen!

Die neue Düsseldorfer Tabelle setzt für 2024 den Trend deren exorbitanten Erhöhungen der letzten Jahre fort, so dass die Kindesunterhaltsbeträge bereits in der ersten Einkommensstufe die Höhe von Bürgergeldanspruch eines Erwachsenen und Auszubildendenvergütung erreichen und teilweise auch übersteigen.

Ab dem 01.01.2024 hat ein Bürgergeldempfänger einen Anspruch in Höhe von 563,00 Euro, ein Auszubildender im Friseurhandwerk auf Auszubildendenvergütung im 1. Lehrjahr in Höhe von 649,00 Euro brutto, mithin etwa 510,00 Euro netto. Dagegen haben Trennungskinder im Alter von 6 bis 11 Jahren Anspruch auf Kindesunterhalt in Höhe von 551,00 Euro. Dem 6-jährigen Trennungskind stehen also nur 12 Euro weniger zu, als ein erwachsener Bürgergeldempfänger erhält, während er rund 41 Euro mehr an Unterhalt beanspruchen kann, als ein zehn Jahre älterer Friseur-Azubi durch tägliche Arbeit von früh bis spät netto erwirtschaftet. Auch wenn die vorgenannten Unterhaltsbeträge für das unterhaltspflichtige Elternteil noch um das hälftige Kindergeld zu reduzieren sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass die Unterhaltsbeträge der Düsseldorfer Tabelle mittlerweile völlig außer Verhältnis zu Transferleistungen an Erwachsene und zu Ausbildungsvergütungen für Jugendliche und junge Erwachsene stehen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich auch der Selbstbehalt für das unterhaltspflichtige Elternteil erhöht.

Die erneute Erhöhung der Unterhaltsbeträge führt durchaus auch dazu, dass selbst Staatsdiener in der Besoldungsgruppe des gehobenen Dienstes A 9 (z. B. Polizeikommissar bei der Bundespolizei) in Stufe 6 mit monatlichen Dienstbezügen und Zulagen in Höhe von 4.143,65 Euro brutto Mangelfälle sind und den Kindesunterhalt nicht mehr in voller Höhe zahlen können. Denn nach Abzug von Steuern, Kranken- und Altersvorsorge sowie den üblichen unterhaltsrechtlichen Abzugspositionen (Weg zur Arbeit, Lebensversicherung, Hausrate, etc. pp.) ist ein bereinigtes Nettoeinkommen in der 2. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle durchaus realistisch. Hat dieser Polizeikommissar zwei Teenager in der dritten Altersstufe zu versorgen, muss er Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 1.106,00 Euro zahlen. Unter Berücksichtigung des Selbstbehalts in Höhe von 1.450,00 Euro verbleiben ihm aber bei einem in der 2. Einkommensstufe minimalen bereinigten Nettoeinkommen in Höhe von 2.101,00 Euro nur noch 651,00 Euro, bei einem maximalen bereinigten Nettoeinkommen in Höhe von 2.500,00 Euro nur noch 1.050,00 Euro, um seinen Unterhaltsverpflichtungen in voller Höhe Genüge zu tun.

Dieses fiktive Rechenbeispiel zeigt auf, dass sich die Höhe des Kindesunterhalts der Düsseldorfer Tabelle in Beträge entwickelt hat, die von mittleren und unter Umständen selbst von höheren Einkommen nicht mehr vollständig aufzubringen sind. Dies gilt um so mehr, als moderne Trennungseltern ihre Kinder gemeinsam getrennt erziehen, also insbesondere Väter sich auch nach Trennung und Scheidung um die Betreuung sowie Versorgung der Kinder kümmern. „Die bei ihm entstehenden Betreuungskosten muss er in der Regel aus seinem Selbstbehalt aufbringen, so dass Trennungsväter nach den Erfahrungen des Väteraufbruch für Kinder e. V. durchaus bis zu 180 % des monatlichen Bedarfs ihrer Kinder bezahlen“, so Bundesvorstandsmitglied Marcus Gnau. „Es wird daher Zeit“, so Gnau weiter, „dass der Gesetzgeber sich des Themas Kindesunterhalt in Form eines Kindesunterhaltsgesetzes und auch in der Steuergesetzgebung annimmt, in dem nicht nur Regelungen normiert werden, die berücksichtigen, dass der Unterhaltsbedarf der gemeinsam getrennt erzogenen Trennungskinder nicht mehr nur bei einem Elternteil anfällt, sondern bei beiden. Auch muss bei gemeinsam getrennt erziehenden Trennungseltern die Steuerklasse 3 bei Mutter und Vater gelten. Darüber hinaus darf schon aus Gründen der Gewaltenteilung die Festlegung der Unterhaltshöhen in den jeweiligen Einkommensgruppen nicht einem OLG überlassen werden. Die tabellarische Festlegung der Unterhaltshöhen gehört in die Hand des Gesetzgebers, der ja auch die Beamtenbesoldungstabellen, die Rechtsanwaltsvergütung, die Honorare der Architekten und Ingenieure, usw. gesetzlich festlegt.“